Weiterbauen im Siebenbürgerweg

Die Gebäude der Neuland Wohnungsbaugesellschaft am Siebenbürgerweg in Wolfsburg-Laagberg sind in die Jahre gekommen. Nach 60 Jahren der Nutzung entsprechen die Gebäude nicht mehr aktuellen Standards und Bedürfnissen. Die Defizite des spätmodernen Städtebaus zeigen sich in untergenutzten Freiräumen. Die Auslobung verlangte deshalb den Abriss und Ersatzneubau der ca. 300 Wohneinheiten und einer Kita im Projektgebiet. Doch bei näherer Betrachtung liegen im Bestand Qualitäten, die gerade in Zeiten der Klimakrise und steigender Wohn- und Baukosten erhalten werden sollten. Durch eine ganzheitliche Betrachtung der Potenziale und einen prozesshaften und bedarfsgerechten Umbau kann am Siebenbürgerweg ein zeitgemäßes und nachhaltiges Quartier mit einer hohen Wohnqualität entstehen.

 

Die grundsätzliche Struktur des Städtebaus bleibt erhalten. Die Bestandsgebäude werden soweit möglich saniert. So werden Emissionen gespart. Ein prozesshaftes und koproduzierendes Vorgehen mit den BewohnerInnen, schafft die Möglichkeit Bedarfe genau zu bestimmen und je Gebäude individuell entscheiden zu können. So besteht das potenzial Kosten zu sparen durch bedarfsgerechte Entscheidungen. Die Beliebigkeit des Freiraums wird durch eine Hierarchisierung aufgehoben. Es entstehen Orte, die besser genutzt werden können. Zugleich wird die Orientierung im Gebiet verbessert. Durch Interventionen im Freiraum und in den Gebäuden werden semiprivate Freiräume geschaffen, die die angrenzenden NachbarInnen zur Aneignung und gemeinschaftlichen Nutzung einladen.

 


Mehrfachbeauftragung städtebaulich-freiraumplanerischer Entwurf


Programm: 5,3 ha Projektgebiet

Standort: Wolfsburg-Laagberg, DE

Jahr: 2022

Ausloberin: Neuland Wohnungsgesellschaft mbH in Kooperation mit der Stadt Wolfsburg

Team: Therese Granberg, Joachim Schultz-Granberg, Daniel Heuermann

Partner: bbz landschaft berlin


Das Erbe des Städtebaus der sechziger Jahre wird häufig als defizitär wahrgenommen. Doch liegen in der fließenden Landschaft und der Idee von „Licht, Luft und Sonne“ Potenziale, die besonders geeignet sind für ein sich erwärmendes Klima. Gerade die in Nord-Süd ausgerichteten Gebäude sind besonders geeignet solare Gewinne in den Wohnungen und auf den Dächern einzufangen. Zugleich sorgt die Ausrichtung dafür kühlende Winde in das Quartier zu leiten. Das großzügige Angebot an Freiraum mit viel Grün und einem geringen Versiegelungsgrad, sorgt zudem dafür, dass die Prinzipien der Schwammstadt schon jetzt weitgehend funktionieren können und ein kühlendes Mikroklima entsteht.

Das Bearbeitungsgebiet ist der westliche Teil eines größeren Quartiers, welches als Einheit erbaut wurde. Flankiert wird es im Osten von einem langestreckten Park mit einem vielfältigen Spielplatzangebot. Dieser Park verbindet verschiedene öffentliche Einrichtungen und führt die Bewohner*innen zudem zum gewerblichen Zentrum der Nachbarschaft. Genau hier wurden von den Erbauer*innen in den 60er Jahren mit einer besonderen Höhenakzentuierung reagiert, welche den Park begleitet und den fußläufigen Zugang zu den Wohnungen markiert.

Diesen städtebaulichen Potenzialen stehen in der Tat einige Mängel gegenüber, die sich jedoch durch Interventionen im Freiraum und in den Gebäuden positiv wenden können. Durch die Reihung der immer gleichen Zeilen und eine wenig differenzierte Freiraumgestaltung fällt eine Orientierung im Quartier schwer. Die Ausrichtung der Gebäude mit der Erschließung von Norden oder Osten gepaart mit Hochparterre-Wohnungen erschwert den Zugang zum Freiraum, der vor allem ein visuelles Wohnumfeld darstellt. Zugleich ist diese front-to-back Ausrichtung der Gebäude nicht förderlich für nachbarschaftliche Beziehungen. Über die Zeit sind im Freiraum viele Artefakte stehen geblieben oder hinzugekommen, die keine nutzbare und angemessene Gestaltung mehr erkennen lassen. Deshalb sollten die Zwischenräume hierarchisiert und differenziert werden. Durch die gezielte Schaffung von Zugängen zu den Freiräumen im Süden der Gebäude und die Ergänzung von niedrigen Gebäuden und Dächern mit Gemeinschaftsräumen, Fahrradabstellanlagen und Müllsammelplätzen entstehen nachbarschaftliche Gemeinschaftsgärten. Die restlichen Zwischenräume werden hingegen öffentlicher gestaltet und dienen der Durchwegung des Gebiets.

 

 

Sanierungsvariante A Wintergarten & Aufstockung im 3-Spänner

Sanierungsvariante B Balkone & Gartenzugang im 2-Spänner

Die seriellen Zeilenbauten schafften bereits in den sechziger Jahren kostengünstigen und zugleich qualitätvollen Wohnraum. In ihrer Modularität liegt die Chance auch die Sanierung durch den Wiederholungsfaktor kostengünstig zu gestalten. Eine im Rahmen dieses Verfahrens mögliche Betrachtung der vorliegenden Bestandsgrundrisse und ein Vergleich mit denen des „Wohnen für alle“ zeigt, dass der Bestand durch geringe Eingriffe auch aktuelle Bedarfe decken kann. Die damaligen Wohnungsgrößen stimmen mit heutigen Standards weitgehend überein, wobei bei vergleichbarer Quadratmeterzahl meist ein Zimmer mehr angeboten wurde. Vorbehaltlich einer genaueren statischen Betrachtung sind durch die Entnahme von hauptsächlich nicht tragenden Wänden größere Räume möglich. Die Bäder haben häufig eine Größe, die einen barrierefreien oder -armen Umbau ermöglicht.

 

 

 

 

 

Längsschnitt mit Blickrichtung nach Osten

 

 

Querschnitt mit Blick Richtung Süden

 

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